VERBAND BERLINER VERWALTUNGSJURISTEN e.V.

Der neue Senat hat seine Arbeit aufgenommen und Koalitionsvertrag und Regierungserklärung lassen hoffen, dass die neue Landesregierung eine insgesamt realitätsnähere und weniger ideologiegetriebene Stadtpolitik zu betreiben gedenkt.

Insbesondere hat die schwarz-rote Regierungskoalition offenbar die Dringlichkeit der Modernisierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erkannt. Die im Koalitionsvertrag an vorderster Stelle beschriebenen Zielvorstellungen des Senats orientieren sich dabei erfreulicherweise in vielen Punkten an Vorschlägen, die der Verband der Berliner Verwaltungsjuristen e.V. bereits seit Jahren propagiert. Dazu zählen neben einer neuen und eindeutigen Zuständigkeitsverteilung, die Neuordnung der Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken einschließlich effektiver Mechanismen zur gesamtstädtischen Steuerung, zum Beispiel in Form der
Fachaufsicht, sowie die Stärkung der Bezirksbürgermeister. Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung wird der neue Senat vor allem zu beachten haben, dass die Sicherstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in der Großstadt Berlin nicht durch eine zu weitgehende Selbständigkeit der Bezirke und fehlende Eingriffsrechte gefährdet wird.

Da sich auch die Partner der alten Regierungskoalition zumindest grundsätzlich zur Notwendigkeit einer Verwaltungsreform bekannt hatten, besteht die Hoffnung, dass es dem neuen Senat gelingt, diese Reform und auch etwa notwendige Verfassungsänderungen noch in der laufenden Legislaturperiode durchzusetzen. Dies gilt auch für die längst fällige Verbesserung der Arbeit der Bürgerämter und der Digitalisierung ihres Angebots. Ob dies angesichts der bisher desolaten Entwicklung auch hinsichtlich der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung insgesamt gelingen wird, ist zu wünschen, erscheint aber angesichts weiter widerstreitender Interessen zumindest fraglich.

Aus der Sicht unseres Berufsstandes besonders erfreulich ist das Bekenntnis des neuen Senats zu einer Anpassung der Besoldung der Berliner Beamten an das Bundesniveau, um in dem immer stärker werdenden Konkurrenzkampf um die besten Köpfe bestehen können. Die im Koalitionsvertrag verwendete Formulierung der schrittweisen Besoldungsanhebung auf das „Bundesgrundniveau“, ein im Besoldungsrecht völlig neuer Begriff, eröffnet hier allerdings einigen Interpretationsspielraum. Dass der Finanzsenator insgesamt eine lediglich schrittweise Anpassung über etwa fünf Jahre im Auge hat, ist bedauerlich, aber angesichts der weitern  Finanzierungsbedarfe nachvollziehbar. Die von der Koalition vorgesehene Anhebung des Pensionseintrittsalters auf 67 Jahre war zu erwarten und entspricht den Regelungen der anderen Bundesländer.

All dies ändert aber nichts daran, dass es weiterhin dringend notwendig ist, die derzeitige nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrige Beamtenbesoldung unverzüglich unter Beachtung des Abstandsgebots anzupassen. Dazu will der Senat trotz der bereits vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungswidrigkeit der Besoldung der Richter und Staatsanwälte weiterhin die leider immer noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur ABesoldung abwarten. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht Berlin inzwischen auch die Besoldung der Richter und
Staatsanwälte in den Jahren 2016 und 2017 als offensichtlich verfassungswidrig bewertet und das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat.

Angesichts der Vielzahl der in Berlin zu lösenden Probleme wird der Verband der Berliner Verwaltungsjuristen auch in Zukunft darauf hinwirken, dass die unseren Berufsstand mittelbar und unmittelbar tangierenden Fragen vom Senat noch in dieser Legislaturperiode mit der gebotenen Priorität angepackt werden. Denn es ist der Berliner Stadtgesellschaft nicht weiter zuzumuten, einer in vielen Bereichen und insbesondere im Bürgerservice dysfunktionalen Verwaltung gegenüberzustehen, während vergleichbare Verwaltungsleistungen in anderen Bundesländern weitgehend problemlos erbracht werden.

Wolfgang Hurnik
Vorsitzender