Der Verband Berliner Verwaltungsjuristen Vergangenheit und Gegenwart
Bei der Gründung des Verbandes im Jahre 1958 gab es ein Thema, das die damals aktiven Verbandsmitglieder besonders beschäftigte: Der Anteil der Aufstiegsbeamten im höheren Verwaltungsdienst und bei den Führungsfunktionen war sehr hoch, so dass die Zahl der Laufbahnbewerber stark ins Hintertreffen geriet. Damals und in den Folgejahren hat der Verband immer wieder die Schaffung von Nachwuchsstellen für
den höheren Verwaltungsdienst angemahnt und die mangelnde Vorsorge für Neueinstellungen in der allgemeinen Verwaltung kritisiert.
In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es u.a. eine Kampagne des Vorstandes, um die Arbeitsplatzausstattung und die Beschäftigungsbedingungen für die Assessoren (späteren Regierungsrätinnen und -räten) zu verbessern. Es ging darum, die Berufsanfänger in der Probezeit intensiver in die tägliche praktische Verwaltungstätigkeit einzubeziehen und nicht lediglich mit einzelnen Gutachten und Recherchen in Fachbibliotheken zu beauftragen. Ein weiterer Schwerpunkt in diesen Jahren war Anhebung der Stellen der stellvertretenden Rechtsamtsleiter in den Bezirken. Erst nach jahrelangen Bemühungen des Verbandes hatten die Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin ein Einsehen, so dass die Stellen der stellvertretenden Rechtsamtsleiter nach A 15 angehoben werden konnten.
Die Zeit von 1980 - 2000 war, abgesehen von der alle Aktivitäten überlagernden Vereinigung Berlins und der Schaffung einheitlicher Verwaltungsstrukturen, durch die Diskussionen über die Verwaltungsreform geprägt. Dabei ging es zunächst um Verfahrensvereinfachungen und um weitgehende Aufgabenverlagerungen auf die Bezirke, später um die Zusammenlegung der inzwischen 23 Bezirke Berlins auf die jetzigen 12 Bezirke. Begleitet wurden die Strukturentscheidungen durch drastische Stelleneinsparungen auf allen Ebenen.
Einer der Kernpunkte der Verwaltungsreform war die Einführung einer flächendeckenden Kosten- und Leistungsrechnung, mit der die einzelnen Verwaltungstätigkeiten als Produkte definiert und mit Preisen versehen wurden. Damit sollte eine ökonomischere Verwaltungstätigkeit und ein Wettbewerb um den günstigsten Preis bis hin zum möglichen Wegfall der Aufgabenwahrnehmung erreicht werden. Den vielfach propagierten Vorrang ökonomischer Betrachtungen bei der Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeiten und insbesondere der Rechtsberatung durch die Verwaltungsjuristen hat der Verband bei den Erörterungen unter Hinweis auf das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsstaatlichkeit immer wieder kritisiert. Die Mitwirkung von Verwaltungsjuristen an den Verwaltungsentscheidungen, z. B. in den Justitiariaten und Rechtsämtern, darf aus unserer Sicht auch nicht aus der Verwaltung ausgelagert und an Rechtsanwälte oder Hochschullehrer übertragen werden. Denn diese arbeiten nach eigenen Regeln und unterliegen nicht den besonderen Rechten
und Pflichten der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Dessen ungeachtet werden vor allem von den Senatsverwaltungen immer wieder verwaltungsexterne Rechtsanwälte und Hochschullehrer unter Inkaufnahme erheblicher Kosten mit Gutachten betraut, obwohl in den Verwaltungen fachlich hochqualifizierte Verwaltungsjuristen mit umfangreicher Verwaltungserfahrung vorhanden sind. Dem gilt es auch künftig entgegenzuwirken.
Im Gefolge der Verwaltungsreform und verstärkt durch die massiven Sparmaßnahmen des Landes Berlin nach der Bezirksfusion ist die Berliner Verwaltung zunehmend in die Kritik geraten. Beklagt wird neben Steuerungsdefiziten insbesondere die vielfach unklare Aufgabenverteilung, streitige Verantwortlichkeiten bei gesamtstädtischen und sonstigen kommunalen Aufgaben, sich überlagernde Zuständigkeiten und zeitraubende Beteiligungsverfahren. Der Verband Berliner Verwaltungsjuristen hat daher in den letzten Jahren immer wieder Vorschläge zur Verwaltungsmodernisierung gemacht, deren Realisierung Voraussetzung für die Schaffung moderner, leistungsfähiger und schlagkräftiger Verwaltungseinheiten ist.
Ein weiterer Schwerpunkt der aktuellen Verbandstätigkeit ist das Ringen um eine amtsangemessene Besoldung der Berliner Beamtinnen und Beamten. Zwar hat das Abgeordnetenhaus die seit Jahren bestehenden erheblichen Besoldungsrückstände der Berliner Dienstkräfte gegenüber den anderen Bundesländern in den letzten Jahren etwas abgemildert und den Durchschnittswerten angenähert, die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Maßstäbe für eine amtsangemessene Besoldung jedoch bis heute ignoriert. Der Verband sieht es daher als eine zentrale Aufgabe an, auf eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende Besoldung hinzuwirken.
Neben diesen die Verbandsarbeit prägenden Aktivitäten sieht sich der Verband aber auch als Interessenvertreter seiner Mitglieder. Dies gilt für die Ausgestaltung der Probezeit der jungen Kolleginnen und Kollegen ebenso wie für Fragen der angemessenen Bewertung von Ämtern und Beschäftigungspositionen, der Anerkennung von Vordienstzeiten bzw. beruflichen Erfahrungen außerhalb des öffentlichen Dienstes und sonstige die Mitglieder betreffende Angelegenheiten von grundsätzlicher berufspolitischer Bedeutung.