Dass der amtierende rot-rot-grüne Senat und ihr Innensenator ihre Hände in Unschuld waschen, jede Verantwortung von sich weisen und allein auf die Zuständigkeit der Landeswahlleiterin und der Bezirke verweisen, illustriert eindrucksvoll die seit Jahren geübte Praxis, mögliche Verantwortung für das Verwaltungshandeln zu verschleiern bzw. von sich zu schieben.
Die Modernisierung der Verwaltung kann nur gelingen, wenn die klare und eindeutige Abgrenzung von gesamtstädtischen, insbesondere ministeriellen, Steuerungsaufgaben und den bezirklichen Aufgaben sichergestellt wird. Vor allem sind klare und eindeutige Verantwortlichkeiten und entsprechende Eingriffsmöglichkeiten zu schaffen. Die in der abgelaufenen Legislaturperiode vom Senat diskutierten Zielvereinbarungen zwischen Senat und Bezirken können dies nicht ersetzen. Denn sie wären letztlich weder bindend, geschweige denn rechtlich durchsetzbar.
Im Interesse einheitlicher Lebensverhältnisse in unserer Stadt sollte daher die im Zuge der Verwaltungsreform der neunziger Jahre weitgehend abgeschaffte Fachaufsicht des Senats über die Bezirksverwaltungen wieder eingeführt werden. Denn nur so kann die gleichartige und ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben und die zweckentsprechende einheitliche Handhabung des Verwaltungsermessens in den politisch oft sehr heterogenen Bezirksverwaltungen wirksam gewährleistet werden.
Eine Einheitsgemeinde wie Berlin benötigt eine transparente, effektive und bürgerfreundliche Verwaltung. Daher ist zur Sicherstellung einer klar strukturierten und effektiven Verwaltungstätigkeit eine vom Abgeordnetenhaus festgelegte verbindliche und einheitliche Struktur der Bezirksämter, ihrer Abteilungen und Fachbereiche (Ämter) unverzichtbar. Diese Struktur sollte sich gleichermaßen in den Aufgabenzuschnitten der Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlungen widerspiegeln, um klare Zuordnungen und Verantwortlichkeiten zu schaffen. Nur auf diese Weise können klare Zuständigkeiten sichergestellt werden und zugleich das berechtigte Interesse der Stadtgesellschaft insgesamt an einer in ganz Berlin einheitlichen und transparenten Verwaltungsstruktur berücksichtigt werden. Für bezirkliche Sonderwege ist in einer Einheitsgemeinde im Interesse einheitlicher Lebensverhältnisse kein Raum. Dies sollte gerade angesichts der aktuellen Wahlergebnisse und der darin erkennbaren zunehmenden Spaltung der Stadtgesellschaft allen Beteiligten einleuchten.
Einheitliche Strukturen der Bezirksämter sind auch wichtige Grundlage einer zügigen und umfassenden Digitalisierung der Verwaltung. Die erforderlichen Schritte zur Digitalisierung müssen insbesondere hinsichtlich Hard- und Software zentral gesteuert werden. Auch sollten alle Softwarekomponenten mit den von den Senatsverwaltungen eingesetzten Verfahren kompatibel sein. Auch hier darf kein Raum für bezirkliche Sonderwege verbleiben.
Die Berliner Bürger haben einen Anspruch auf eine funktionsfähige, effektiv und wirtschaftlich arbeitende Verwaltung. Im Interesse der von allen Bürgern gewünschten einheitlichen Lebensverhältnisse in einer Großstadt ist es unverzichtbar, dass in allen Bezirken, ungeachtet Ihrer politischen Führung, die gleichen Zuständigkeiten, Verfahren und Entscheidungsstandards gewährleistet sind. Der von politischer Seite immer wieder geäußerte Wunsch nach größerer Selbständigkeit der Bezirke ist insoweit kontraproduktiv. Er begünstigt einerseits die Spaltung der Stadtgesellschaft, erschwert ohne Not die Modernisierung der Verwaltung und ist geeignet, den Anspruch der Berliner auf einheitliche Lebensverhältnisse in ganz Berlin zu untergraben.
Wolfgang Hurnik